Yin Yoga: Ein Weg zu tiefer Entspannung

Yoga, das unter die Haut geht: Beim Yin Yoga werden Positionen bis zu 5 Minuten lang gehalten und so auf das tiefe Bindegewebe in deinem Körper eingewirkt. Ein wesentlicher Aspekt ist dabei die Balance von Yin und Yang.

Yin Yoga

Während unser Alltag sehr schnell und aktiv (= Yang) ist, ist Yin-Yoga der ideale Ausgleich, um nach einem turbulenten Tag zu entspannen. Zudem stellt dieser Yogastil eine perfekte Ergänzung zur aktiveren Yang-Yogapraxis dar, wo du stärker deine Muskeln beanspruchst. Beim Yin Yoga darfst du vollkommen passiv sein und loslassen. Tauche ein in die Vorzüge der Langsamkeit und in die Stille des Yin!

Was ist Yin Yoga
Ursprung & Geschichte
Yin und Yang – das unzertrennliche Paar
Meridiane & Chi im Yin Yoga
Typische Yin Yoga Asanas
Buchtipps & DVDs
Yin Yoga mit Helga Baumgartner
Restoratives Yoga – der Unterschied zum Yin Yoga

(1) Was ist Yin Yoga?

Hatha Yoga bezieht sich auf die Kräfte von Sonne (ha) und Mond (tha). In der taoistischen Tradition, wo die Wurzeln von Yin Yoga liegen, spricht man von Yin und Yang. Auch in unserem Körper wirken diese Kräfte. Yin-Yoga soll helfen, diese Aspekte in eine gesunde Balance zu bringen.

Yin Yoga

Der Yin-betonte Teil der Yogapraxis ist daher langsam, achtsam und ruhig, während der Yang-orientierte Yoga in erster Linie dynamisch, aktiv und kräftigend ist. Die Urform unseres modernen Yoga ist jedoch in den sanften Dehnungen und dem langen Verweilen in den Asanas, der bewussten Selbstwahrnehmung und dem freien Fluss des Atems zu finden.

So übt man Yin Yoga

Die Yin-Positionen werden 3 bis 5 Minuten lang gehalten. In dieser Zeit heißt es „nichts tun“, sich ganz in der Haltung hingeben und loslassen. Dieser sanfte Weg hat eine große Wirkung auf deinen Körper:

  • Yin-Yoga wirkt wie eine Akupunktursitzung – nur ohne Nadeln. Durch das lange Halten der Yin-Yoga-Haltungen werden verschiedene Meridiane angesprochen und mögliche Blockaden gelöst. Das Meridiansystem scheint mit der tiefsten Schicht des Bindegewebes verbunden zu sei, sodass der Fluss der Lebensenergie positiv beeinflusst wird.
  • Im Gegensatz zu einer Yang orientierten Yoga-Praxis, wo wir vor allem unsere Muskeln spielen lassen, werden beim Yin-Yoga tiefer liegende Körperschichten wie Faszien, Bänder, Sehnen und Gelenke angesprochen.
  • Yin Yoga hilft alte Denkmuster loszulassen und ein gesundes Vertrauen ins Leben zu entwickeln. Beim Yin Yoga wird die Stille in dir lebendig und Gegensätze ausgeglichen.

Vielleicht ist Yin-Yoga sogar die Mutter des Hatha-Yoga? Schon in der Hatha-Yoga-Pradipika (HYP) – einer der bekanntesten klassischen Yoga Schriften – werden einige Yin-Haltungen beschrieben, um den Körper auf die Meditation vorzubereiten. Doch schon in den alten Schriften weiß man um die perfekte Balance von Yin und Yang, und so widmet sich die zweite Hälfte der HYP kraftvolleren Yang-Haltungen wie dem Unterarmstand.

(2) Ursprung & Geschichte: Vom Taoistischem Yoga zum Yin Yoga

Obwohl Yin-Yoga vermutlich schon seit vielen Jahrhunderten existiert, gibt es doch eine Art Geschichte des „modernen Yin-Yoga“. Sie beginnt in einem Automechaniker-Schuppen in Montana, wo Pauli Zink nicht nur Autos reparierte, sondern auch Taoistisches Yoga unterrichtete. Paulie Zink wurde schon von klein auf in der asiatischen Kampfkunst unterrichtet und sein Meister Cho Chat Ling ernannte ihn schließlich zu seinem Nachfolger.

Paulies Zinks Yoga stieß auf Anklang: Die lange gehaltenen Positionen, das Einfließen der fünf Elemente und der Yin- und Yang Elemente muss einen bestimmten Zauber auf die Menschen ausgeübt haben. So auch auf Paul Grilley, der 1987 einen TV-Bericht über den äußert flexiblen Kampfsportler sah und mit ihm Kontakt aufnahm.

Grilley war insbesondere von den langem Halten von Positionen begeistert und wurde Paulies Schüler. Tatsächlich unterrichtete Grilley zuvor Yang-orientiertes Yoga wie Ashtanga. Er studierte Anatomie und hatte schließlich die Idee eigene Yin Yoga Stunden anzubieten, wo er sein Anatomiewissen einfließen ließ sowie u.a. Erkenntnisse von Dr. Hiroshi Motoyama, der viel über die Zusammenhänge mit Chakras, Meridianen und menschlicher Anatomie publiziert hat. Damals nannte Grilley das ganze Taoist Yoga.

Eine bekannte Schülerin von Paul Grilley – Sarah Powers – hatte schließlich die Idee, diesen sanften Yogastil Yin Yoga zu nennen. Sarah ist zudem eine weitere interessante Persönlichkeit in der Yin-Yoga Geschichte, da sie Yin Yoga mit Komponenten der Buddhistischen Psychologie verbindet.

(3) Yin und Yang – das unzertrennliche Paar

Ein wesentlicher Aspekt im Yin Yoga ist die Balance von Yin und Yang. Diese sind so unterschiedlich, wie ein Paar nur sein kann und dennoch unzertrennlich.

Das daoistische Symbol Taijitu beschreibt die beiden Aspekte, die ohne einander nicht existieren können. In jeder Hälfte ist ein Teil der anderen Hälfte zu finden – und so bilden Sie eine Einheit.

Ein traditionelles Bild ist ein Mensch, der Reis pflückt: Der Rücken ist der Sonne zugewandt (Yang), seine Vorderseite der Erde (Yin). Yin und Yang sind relativ – denn sie sind aufeinander bezogen und ineinander enthalten. Entweder sie sind im Gleichgewicht oder eben nicht.

Yin Yoga 

Um Yin und Yang zu verdeutlichen, wird gerne das Bild eines Reisbauers verwendet: Der Rücken ist der Sonne zugewandt (Yang), seine Vorderseite der Erde (Yin).

Auch in unserem Körper und in unserem Denken wirken Yin und Yang. Yoga soll diese Kräfte in Einklang bringen.

  • Unsere Yin-Seite ist weniger aktiv, näher am Wesenskern, trocken und kühl, empfänglich und mehr der Erde zugewandt. Auf körperlicher Ebene sind zum Beispiel Sehnen und Bänder dem Yin zugeordnet.
  • Unsere Yang-Seite ist aktiver, sie liebt die Wärme und das Licht und ist näher an der Oberfläche. Die harten, unelastischen Teile im Körper wie z.B. Knochen, Gelenke, Haut und Muskeln zählen zum Yang.

Yin und Yang bedingen einander. In unserer Zeit ist das Leben oft sehr schnell und aktiv – daher ist Yin-Yoga der ideale Ausgleich nach einem turbulenten Tag.

„Yin Yoga ist nötig um unsere yanglastige Kultur in Balance zu bringen.“ Paul Grilley (Gründer Yin-Yoga)

(4) Meridiane & Chi im Yin Yoga

Neben dem Prinzip der Polarität von Yin und Yang, gibt es in der Yin-Yogatradition eine weitere wichtige Grundlage: Die Lebensenergie, die in uns fließt. Diese Kraft, die auch Prana, Chi oder Qi genannt wird, ist wie ein Klebstoff, der unsere Welt zusammen hält – im Innen wie im Außen. Wir Menschen haben einen physischen Körper und im Sinne des Yogas noch vier weitere Energiekörper (Koshas), die von einem Netz energetischer Leitbahnen durchzogen sind. Diese Leitbahnen werden Meridiane genannt, in denen die Lebensenergie fließt.

Das Meridiansystem scheint mit den tiefsten Schichten des Bindegewebes annähernd identisch zu sein. So wird der Fluss der Lebensenergie durch das lange Halten der Stellungen positiv beeinflusst. Es gibt die Möglichkeit, mit Yin Yoga gezielt auf ein bestimmtes Meridiansystem einzuwirken und so Organe, Emotionen und die fünf Elemente, die im Körper wirken, zu stimulieren.

„Meridiane sind die Leitbahnen, auf denen das Chi zu den Organen reist.“ Christine Ranzinger (Yin-Yogalehrerin und Autorin)

(5) Typische Yin Yoga Asanas

Yin-Yoga wird vor allem im Sitzen oder im Liegen praktiziert. In einer Yin-Yogastunde kann der Fokus auf einem Organ liegen, oder man übt einen Mix um alle Elemente zu stärken und den Qi-Fluss anzuregen. Die Vorgehensweise ist dabei:

  1. Langsam in die Übung hineinfinden und ruhig werden
  2. Die Aufmerksamkeit nach innen bringen und mit der Atmung verbinden
  3. Passiv in der Asana bleiben (3 bis 5 Minuten) und Schritt für Schritt loslassen, ggfs. die Haltung anpassen z.B. bei Unwohlsein oder Schmerzen

Du willst direkt einige Yin-Yoga-Asanas mit Anleitung ausprobieren? Hier zeigen wir dir zusammen mit Helga Baumgartner die folgenden Yin-Yoga-Positionen:

(6) Buchtipps & DVDs

Wer nun Lust bekommen hat, zu Hause mit einer DVD Yin-Yoga zu üben, dem empfehlen wir die Yin-Yoga DVD „The Foundations Of A Quiet Practice“ von Paul Grilley.

Zudem gibt es von der Online Yogaplattform YOGAMOUR ebenfalls Yin-Yoga-Sequenzen (90 und 60 Minuten) auf DVD zu erwerben.

Für Leseratten haben wir zudem 3 Buchtipps

  1. Das Buch „Yin Yoga“ von Helga Baumgartner ist eine ausführliche Sammlung an Yin-Yoga-Haltungen für jedes Level und die genaue Erklärung der dazugehörigen Meridiane. Besonders an diesem Buch ist die Verschmelzung der chinesischen Energielehre mit den Grundlagen der indischen Yoga-Wurzeln. Sehr klar und übersichtlich findet man Informationen über Chakren, Meridiane und die Elemente-Lehre.
  2. Das Buch von Sarah Powers „Insight Yoga“ widmet sich einer Yin-Praxis, die den Fluss des Qi (Chi) innerhalb des Meridiansystems stimuliert und Organsysteme, so wie sie auch in der TCM (Traditionellen Chinesischen Medizin) verstanden werden, ausbalancieren und stärken.
  3. Bernie Clark hat mit seinem Buch „The Complete Guide to Yin Yoga“ ein umfangreiches Werk geschaffen. Auf seiner Website yinyoga.com kann man ebenfalls viel zum Thema nachschlagen.

(7) Yin Yoga mit Helga Baumgartner üben

Helga absolvierte ihre Yin-Yoga Ausbildung bei den bekanntesten Yin-Lehrern weltweit, u.a. direkt bei Paul Grilley und Sarah Powers. Helga verkörpert die sanfte und achtsame Yoga-Praxis wie kaum eine andere Yogalehrerin.

(8) Restoratives Yoga – der Unterschied zum Yin Yoga

Du fragst dich, was Restoratives Yoga ist? Ein wesentliches Merkmal ist, dass hier verschiedene Hilfsmittel für die Yoga-Haltungen verwendet werden: Decken, Kissen/Polster, Blöcke oder Yoga-Sessel. Alles, was beim Loslassen unterstützt, ist erlaubt. Beim Restorativen Yoga geht es daher vorrangig um Entspannung und Regeneration, während es beim Yin Yoga mehr um Dehnung und Expansion sowie um das lange Halten von Stellungen geht – und das kann durchaus auch mal anstrengend sein.

Restoratives Yoga ist ideal für Menschen, die eine sehr sanfte Praxis brauchen, krank oder verletzt sind. Die Verwendung von Yoga-Requisiten unterstützen den Körper beim Entspannen und ermöglichen Haltungen, die sonst nicht möglich wären.

Sowohl Yin Yoga als auch Restoratives Yoga nehmen das Tempo raus, sind langsamer und sanfter als Yang-orientierte Yogastile. Es kann schon vorkommen, in einer 90 Minuten Klasse vielleicht 10 Positionen zu üben. Diese Yogastile sind daher eine schöne Art und Weise nach innen zu schauen, die geistigen und körperlichen Aktivitäten zu verlangsamen, dem eigenen Atem zu lauschen und in eine tiefe Entspannung einzutauchen. Eine wahre Wohltat, die jedem gut tut. Egal ob Yoga-Neuling, erfahrener Praktiker, Sportler oder Senior.

Be Yin!

 

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